Liberalismus – eine Chance für die nächste Generation!


    Mit spitzer Feder …


    (Bild: zVg)

    Ich lasse mich in diesem Herbst auf ein ganz besonderes Abenteuer ein und begebe mich als FDP-Kandidatin der Einwohnerratswahlen Zofingen für einmal auf ungewohntes Terrain. Als Journalistin bin ich mir politische Debatten und Wahlkämpfe gewöhnt, nun wechsle ich für einmal die Seiten. Als Medienfrau, überzeugte Demokratin und Liberalistin mache ich mir natürlich Gedanken über meinen «Heimathafen». Der sogenannte «esprit libre» wurde mir bereits mit der Muttermilch verabreicht und so bin ich als Freigeist aufgewachsen. Dies bedeutet für mich hauptsächlich Eigenverantwortung, aber auch Freiheit, Gemeinsinn und Fortschritt – also die Werte, die sich auch die FDP. Die Liberalen auf die Fahne schreiben. Und wie unsere Bundesrätin Karin Keller-Sutter einst festhielt, würde auch ich «im Zweifelsfall immer die Freiheit wählen.» Ich denke, dass Liberalismus aktuell in Europa nicht gerade Mainstream ist. In der Schweiz haben wir jedoch noch immer eine recht liberale Gesellschaft. Doch vielleicht tut es gut, den Begriff Liberalismus wieder einmal zu erklären, damit klar ist, was er wirklich bedeutet: Die Wurzeln des Liberalismus liegen in der Aufklärung ab 1650. Der Liberalismus ist eine Grundposition der politischen Philosophie und eine historische und aktuelle Bewegung, die eine freiheitliche, politische, ökonomische und soziale Ordnung anstrebt und den einzelnen Menschen in den Vordergrund stellt.

    Doch momentan scheinen es die liberalen Werte wie «Privat vor Staat, Erwirtschaften vor Verteilen, Freiheit vor Gleichheit» etwas schwer zu haben. Mir scheint, das liberale Wertesystem landet gerade auf dem Sperrmüll. Wer sich heute politisch engagieren will, trifft auf eine Vielzahl lautstarker freiheitsfeindlicher Angebote. Während der Corona-Krise überschlagen sich die Prognosen vom Ende der Globalisierung und des wirtschaftlichen Wachstums. Dabei ist es erst die Marktwirtschaft mit unternehmerischer Freiheit, Wettbewerb und Konkurrenz, die unserem Gemeinwesen die Antwort auf Corona ermöglicht. Doch zurück zur FDP, die sich etwas schwertut, sich im tendenziell freiheitsfeindlichen Zeitgeist zurecht zu finden und ihre starken und bewährten Werte zu propagieren. Dabei dürfen wir jedoch nicht vergessen: Der Freisinn in der Schweiz ist nicht irgendwer. Er hat den modernen Bundesstaat von 1848 gegründet sowie auch unser Schulsystem. Bis 1959 dominierte er den Bundesrat fast nach Belieben – mit mindestens drei Bundesräten!

    Zum liberalen Gedanken gehören für mich auch Fragen wie «Wie gehen wir miteinander um?» Toleranz, Empathie, einander zuhören – Liberalismus bestimmt nicht nur das «was», sondern auch das «wie». Die Partei sollte sich vielleicht vermehrt mit diesen Fragen auseinandersetzen und so von unten ihr Fundament optimieren und festigen. Ebenso sollte sie den Aspekt nicht ausser Acht lassen, dass der Weg der Freiheitsförderung im liberalen Sinn oft mit Abwägungen und Kompromissen von Freiheitsinteressen gepflastert ist oder anders ausgedrückt: Die liberale Ideenwelt kann zu verschiedenen Lösungen führen. Wichtig ist aber meines Erachtens eine bestimmte beschlossene Position dann auch gemeinsam zu verteidigen und durchzuziehen. Zudem sollte die FDP ihre Stärke – Volks- und Elitepartei zu sein – wieder mehr ausspielen. Und zwar im liberalistischen Sinne. Das heisst für mich, sich als Volkspartei für die Freiheit und Selbstbestimmung aller Menschen einzusetzen und nicht nur für eine Klasse.

    Liberale Geister setzen auf Integrationskunst, Überzeugungsarbeit, Leadership und Diplomatie. Ich jedenfalls ticke so. Diese Kunst ist jetzt gefragter denn je – und der neue FDP-Präsident sollte sie aus dem Effeff beherrschen, um die Partei rechtzeitig zu den Bundesratswahlen auf die Spur zu bringen.  Jetzt gilt es, die Menschen mit Herz und Verstand, viel Empathie und Charme – aber auch mit viel Dankbarkeit und Demut – für das liberale Gedankengut zu sensibilisieren.

    Doch was hat mich zu einer freiheitsorientierten Partei getrieben?  Das Lebensgefühl, das hinter dem Liberalismus und damit dem Freisinn steckt: Eine Zukunft mit vielen Freiheiten, Chancen und Möglichkeiten. Die Weiterentwicklung unserer Philosophie: Der Liberalismus ist kein Dogma; er bedarf junger Ideen. Themen gibt es genug. Nach unserer liberalen These können Menschen und mit ihnen die Wirtschaft durch ein gutes Umfeld zu eigenem Wachstum animiert werden. Denn der Liberalismus ist eine Chance für die nächste Generation. Dies stellte bereits alt Bundesrat Hans-Rudolf Merz an der Gründungsversammlung der Jungfreisinnigen Ausserrhoden 2008 fest.

    Herzlichst,
    Ihre Corinne Remund
    Verlagsredaktorin

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