Weg vom Preis- hin zum Qualitätswettbewerb

    Die revidierte Interkantonale Vereinbarung über das öffentliche Beschaffungswesen (IVöB) sowie ein neues Dekret über das Beschaffungswesen (DöB) sind im März 2021 vom Grossen Rat fast einstimmig verabschiedet worden. Der Baumeisterverband Aargau ist sehr zufrieden, dass im Kanton Aargau ab dem 1. Juli 2021 das neue kantonale Beschaffungsrecht in Kraft getreten ist. Der Paradigmenwechsel weg vom Preis- hin zum Qualitätswettbewerb ist jetzt bei öffentlichen Ausschreibungen konsequent umzusetzen, wie vom Gesetzgeber gefordert.

    Der Baumeisterverband Aargau vertritt die Interessen der Unternehmungen des Bauhauptgewerbes im Kanton Aargau. Der Verband ist stolz und zugleich dankbar, dass seine Mitglieder im Infrastrukturbereich wichtige Projekte von Kanton und Gemeinden umsetzen dürfen. Das öffentliche Beschaffungswesen bildet bei der Zusammenarbeit zwischen der öffentlichen Hand und den Bauunternehmungen die zentrale Grundlage.

    (Bild: pixabay) Seit 1. Juli 2021 in Kraft: Eine faire Chance auf Teilnahme am Markt mit dem kantonalen Beschaffungsrecht.

    Ausgangslage
    Am 27. März 2021 hat der Grosse Rat mit 133:0 Stimmen den Beitritt zur revidierten Interkantonalen Vereinbarung über das öffentliche Beschaffungswesen (IVöB) beschlossen sowie mit 132:1 Stimmen das neue Dekret über das öffentliche Beschaffungswesen (DöB) gutgeheissen. Mit der revidierten IVöB erfolgt eine gesamtschweizerische Harmonisierung des Beschaffungsrechts. Das Submissionsdekret vom 26. November 1996 wird aufgehoben, an seine Stelle tritt das DöB. Der Kanton Aargau ist beim Beschaffungswesen unter den Vorreitern, da zwei Zuschlagskriterien, die im nationalen Beschaffungswesen (BöB) enthalten sind, die aber im IVöB keine Aufnahme fanden, im DöB wieder berücksichtigt sind. Es handelt sich um die «Verlässlichkeit des Preises» und das «unterschiedliche Preisniveau in den Ländern».

    Zuschlagskriterien
    Der vom Gesetzgeber vorgesehene Paradigmenwechsel ergibt sich daraus, dass die Ziele der Vereinbarung breiter formuliert sind und der Zweckartikel nicht mehr nur den wirtschaftlichen, sondern neu auch den volkswirtschaftlich, ökologisch und sozial nachhaltigen Einsatz der öffentlichen Mittel verlangt. Dies bedeutet, dass künftig nicht mehr das «wirtschaftlich günstigste» Angebot den Zuschlag erhalten soll, sondern das «vorteilhafteste Angebot». Mit den in der Vereinbarung aufgeführten Zuschlagskriterien ist sichergestellt, dass die Qualität im Verhältnis zum Preis mehr Gewicht erhält. Hinsichtlich der Bewertung der Angebote wird es künftig erlaubt sein, Zuschlagskriterien wie Nachhaltigkeit, Innovation, Lebenszykluskosten, die Plausibilität und die Verlässlichkeit des Angebots breiter einzusetzen. Zudem besteht neu eine Prüfungspflicht bei ungewöhnlich niedrigen Angeboten. Anstelle der bisherigen «kann»-Formulierung, welche es den Vergabestellen überlassen hat, die konkreten Umstände des Tiefpreisangebots zu überprüfen, besteht heute die Prüfpflicht seitens der Vergabestellen.

    Einschränkungen von Subunternehmern
    Der Artikel 31, Absatz 3 des neuen Regelwerks führt aus, dass «die charakteristische Leistung» grundsätzlich vom Anbieter zu erbringen ist. Damit sollen Angebote von Anbietern verhindert werden, die selbst keine oder nur untergeordnete Aufgaben übernehmen und die Erbringung von Leistungen an Subunternehmer weitergeben. Der Baumeisterverband Aargau findet das positiv, ebenso wie die neue Regelung, dass die Vergabe auch an Unternehmen erfolgen kann, die noch keine öffentlichen Aufträge ausgeführt haben.

    KMU-tauglich
    Für die Umsetzung ergibt sich aus der Vereinbarung, dass die Vergabestellen bei ihren Ausschreibungen künftig noch stärker darauf zu achten haben, dass keine unnötig hohen Teilnahmebedingungen und Anforderungen an die Anbieter aufgestellt werden. Es soll so bewirkt werden, dass der Wettbewerb weitgehend gefördert und den in der Schweiz produzierenden Unternehmungen, insbesondere den KMU, eine faire Chance auf Teilnahme am Markt ermöglicht wird.

    Umsetzung des Paradigmenwechsels
    Der Baumeisterverband Aargau fordert den Kanton und die Gemeinden auf, die neuen Zuschlagskriterien im Interesse der Öffentlichkeit in der ganzen Breite umzusetzen, insbesondere «die Verlässlichkeit des Preises» und «die soziale Nachhaltigkeit». Dies fördert den Wettbewerb und sorgt für gleiche Bedingungen für alle. Dadurch erhalten Firmen, die in der Schweiz ansässig sind, die Möglichkeit, bei Ausschreibungen mit gleich langen Spiessen beurteilt zu werden. Wie vom Gesetzgeber verlangt: «Weg vom Preis, hin zum Qualitätswettbewerb».
    Es ist geplant, dass der Baumeisterverband Aargau in Zusammenarbeit mit den Verbänden aus dem Ausbaugewerbe und dem kantonalen Gewerbeverband Informationsveranstaltungen anbietet, damit die Marktteilnehmer über den Paradigmenwechsel informiert sind.

    pd

    www.baumeister.ag

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